JoHo mit Erwin Wortelkamp im Arep Museum2009-12-13 Arp, KO 027   Hintergrundmaterial zur Eröffnungsrede Hofmann-Göttigs zur  Erwin Wortelkamp-Ausstellung 13.12.2009 im Arp-Museum
Ausstellungsdauer im Arp-Museum: vom 13.12.2009 bis zum 14.03.2010

 Erwin Wortelkamp zählt zu den bedeutenden zeitgenössischen Bildhauern und zu den interessantesten Künstlerpersönlichkeiten, die in Rheinland-Pfalz leben. Sein bildhauerisches Werk genießt Ansehen, sowohl in Deutschland als auch in Italien und in der Schweiz. Sowohl die Qualität der künstlerischen Arbeit als auch das ungewöhnliche Engagement des Künstlers für die Kunst, für andere Künstlerinnen und Künstler und für die Gestaltung der Landschaft verdient Anerkennung durch das Land, das ihn 1995 mit dem Kunstpreis für Bildhauerei ausgezeichnet hat. 2003 erhielt er den Sparda-Bank-Preis für seine vorbildlichen Leistungen im Bereich der Kunst im öffentlichen Raum.

Wollte man eine Überschrift über all das setzen, was mit der Person Erwin Wortelkamp verbunden ist, so sollte sie lauten: „In der Provinz was Antiprovinzielles tun.“

Erwin Wortelkamp ist einer, der es sich und den anderen nicht leicht macht, einer der stets Stellung bezieht, nie kneift, nie vorbei sieht, der eintritt für seine Ideen, Verantwortung übernimmt, einer, der unermüdlich für die Kunst streitet. Nichts anderes passiert in seiner Kunst.

Zusammenführen, geistigen und physischen Raum schaffen für sich, für Künstlerkollegen und Interessierte: angefangen mit der Informationsgalerie „atelier nw 8“ in Beindersheim und Frankenthal

Die Kunst im öffentlichen Raum ist ihm ein wichtiges Thema, wenn nicht sogar das Thema: angefangen bei seinen Aktionen mit den Schülern in Frankenthal. „Welche Kraft hat eine so genannte Privatheit des Künstlers für die Öffentlichkeit?“ ist eine Frage, die er immer wieder stellt. Und er stellt sich dieser Frage, ohne die das >TAL< nicht so geworden wäre wie es sich heute darstellt: Raum und Orte für andere. Und die Schaffung dieses öffentlichen Raumes hat sehr viel mit der Vorstellungskraft als sozialem Phänomen zu tun.

Um der Person Erwin Wortelkamp in all seinen Fassetten gerecht zu werden, muss man einerseits seine Tätigkeit als Pädagoge, andererseits die des autonomen Künstlers sehen und seine Aktivitäten als Galerist und „Kurator“ für andere Künstlerinnen und Künstler beachten und ihn als Initiator des Kunstvereins Hasselbach, des jour fix, des Hauses für die Kunst, der Anlage > im Tal < und als Stifter wahrnehmen.

Zwei bedeutende Einschnitte nahmen starken Einfluss auf das künstlerische Schaffen Wortelkamps: sein Umzug nach Hasselbach im Westerwald 1975 und als er 1986 den italienischen Ort Acquaviva Picena für sich entdeckte. In Hasselbach entstanden und entstehen die meisten seiner Skulpturen und hier realisierte er auch, in der Absicht Plastiken anderer Künstler zur Landschaft in Beziehung zu setzen, das Kunstprojekt “im TAL”. In Acquaviva Picena hat er eine zweite Wohn- und Arbeitsstätte gefunden, an der er seine farbintensiven Papierarbeiten herstellt.

Seit 1975 entwickelt Erwin Wortelkamp seine „Westerwald-Idee“. Dazu gehören die Anlage > im Tal < und das „Haus der Kunst“ und seit 2006 auch die Stiftung Erwin und Ulla Wortelkamp. Damit hat er ein künstlerisches Projekt realisiert, dessen Einzigartigkeit und Vorbildlichkeit im europäischen Kontext zu sehen ist. Die geografische Nähe zu den Städten Köln, Bonn, Koblenz und Frankfurt sowie die Verkehrsanbindung zu den Kunstzentren in NRW betonen die überregionale Ausstrahlung. Die Lage zwischen Kloster Marienstatt und dem Arp Museum Bahnhof Rolandseck sowie die Nähe der Höhenstraße und deren Funktion als Verkehrsweg der Insignien Karls des Großen und der an dieser Straße liegenden romanischen Kirchen verdeutlichen die Bedeutung der Anlage > im Tal < für den Westerwald. Die Exzellenz der Anlage kann und soll genutzt werden und bietet hervorragende Kommunikationsmöglichkeiten für Verbandsgemeinde, Kreis, Land etc.

Die Anlage > im Tal <
> im Tal < ist eine 10 Hektar große Privatanlage, in die Erwin Wortelkamp seit 1986 nach und nach 40 international renommierte Künstler/innen eingeladen hat, Arbeiten zu realisieren (ohne öffentliche Zuschüsse). Das bedeutsamste Element der Anlage
> im Tal <
ist das kleine „Museum für August Sander“, der 1892 im Westerwald geboren wurde. Was hier in 20 Jahren entstand, ist einzigartig in Europa. Jahr für Jahr kommen zahlreiche Besucher, um im Tal zu besichtigen. Sowohl Gruppen von Museen, Kunstvereinen und Schulen, die das Angebot von einer dreistündigen Führung wahrnehmen, als auch interessierte Einzelpersonen, Einheimische und Angereiste. Auch Kliniken organisieren aus therapeutischen Gründen für Patientengruppen Ausflüge in das Areal. Führungen sind möglich nach Anmeldung für max. 20 Personen. In der Zukunft wird verstärkt die Integration jüngerer bildhauerischer Positionen angestrebt. Denn nicht nur in den 60er Jahren, sondern auch heute setzen sich jüngere Generationen mit Fragen im Kontext von Natur und Landschaft auseinander. So ist auch die Anlage > im Tal < in seit diesem Jahr durch die Erweiterung mittels des Bildhauersymposions Bestandteil des Skulpturenweg Rheinland-Pfalz.

Das Areal im Tal ist keine Parkanlage, sondern Teil einer agrargeprägten Kulturlandschaft. Die ehemalig intensiv bewirtschafteten Flächen wurden von Erwin Wortelkamp nach und nach erworben, entweder stillgelegt oder für extensive Weidewirtschaft den heimischen Landwirten zur Verfügung gestellt. Dadurch haben sich in den letzten zehn Jahren die ehemaligen Äcker und Weiden zu ökologisch wertvollen Wiesen mit einer hohen Artenvielfalt an Flora und Fauna entwickelt. Das Gras dieser Wiesen wurde geprüft und erhielt einen Gütesiegel, seitdem wird es von Ökobauern gemäht und für die alternative Viehwirtschaft als Futter genutzt. Die besondere landschaftliche Situation bietet Vögeln wie der Wasseramsel, dem Turmfalken, dem Roten Milan und auch dem Eisvogel günstige Lebensbedingungen. Weiden und Bach begleitende Hochstaudenflure mit „Mädesüß“ und „Bittersüßem Nachtschatten“ folgen dem fischreichen Mehrbach in der Aue. Baumgruppen und Solitäre schaffen Räume in den ökologisch hochwertigen, jährlich nur einmal gemähten Wiesen. Mähwege mit artenreichen Wegsäumen führen an den Weiden der einheimischen Rinder vorbei. Üppige Waldränder schützen ‚die Mihr’, einen kleinen, bewaldeten Hügel, der die Kunst geheimnisvoll verbirgt, die sich sonst im Tal offener zeigt. Kunst und Landschaft finden zusammen an einem stillen, sehenswerten und schutzwürdigen Ort.

Haus für die Kunst
Das 170 m2 große Haus für die Kunst wurde 1998 von Dipl. Ing. Schütz, Architekt aus Koblenz, erbaut, ist. Hier finden u.a. anderem die jährlichen Symposien und Ausstellungen statt. Vereinzelt wird es als Seminarraum für Studenten von Kunstakademien und Universitäten für Lesungen und Konzerte entsprechender Thematik genutzt. Auch große Unternehmen zeigen immer mehr Interesse, in diesem attraktiven Umfeld zu tagen und Seminare zu halten. In Zukunft soll es in Ergänzung des geplanten Archivhauses genutzt werden.

 
jour fixe und Symposion
Seit 1989 findet jedes Jahr am 21.6. der so genannte jour fixe statt. Eingeladene Künstler realisieren für diesen Tag in der Anlage > im Tal < oder im „Haus für die Kunst“ ihre Arbeiten, Musiker bringen Kompositionen zu Uraufführungen oder es werden literarische Neuerscheinungen der Reihe „Eigene Wege im Tal“ vorgestellt. in diesem Kontext findet auch seit dem Jahr 2001 jährlich ein Symposion statt, das nicht nur den Inhalt des theoretischen Teils sondern auch das künstlerische Programm bestimmt, das sich mit der Frage „Welche Landschaft wollen wir?“ beschäftigt und in Kooperation mit dem für Kultur zuständigen Ministerium durchgeführt wird. Das Symposion ist das Ergebnis eines Prozesses, der Anfang 2000 begonnen hat mit dem Ziel, eine Diskussionskultur zu entwickeln für Agenda-21-Prozesse. Auf den Symposien referieren und diskutieren renommierte Fachleute aus den Bereichen Wissenschaft, Politik und Kunst über die Frage der zukünftigen Gestaltung agrarisch geprägter Lebens- und Wirtschaftsräume unter ästhetischen – künstlerischen Gesichtspunkten. Die hohe Besucherzahl von bis zu 100 Leuten zeigt, dass die Themenstellung und die Auswahl an Referenten auf großes Interesse stoßen.

Kunstverein Hasselbach
Zur Betreuung und inhaltlichen Konzeption wurde 1989 der Kunstverein Hasselbach gegründet, der Träger des jour fixe und des Symposions ist. Auch hier ist die Familie Wortelkamp ehrenamtlich engagiert.

Stiftung „Im Tal – Stiftung Erwin und Ulla Wortelkamp“
Zwecks Pflege, Erhaltung und Teilhabe der Öffentlichkeit an dem künstlerischen Gesamtwerk sowie der Anlage > im Tal < wurde im Juni 2006  die Stiftung gegründet. Der Stiftungszweck wird insbesondere verwirklicht durch

  • Anlage und Pflege des Landschaftsgartens „Im Tal“
  • Haus für die Kunst „Im Tal“
  •  die Planungen für das Archivhaus „Im Tal“
  • Depositum, das das Werk des Bildhauers Erwin Wortelkamp seit 1965 aufbewahrt und zeigt (aus seinem Privatbudget errichtet, wird am 13.12.09 nachmittags eingeweiht).

 
Erwin Wortelkamp, der mit seiner Familie am Rande dieser der Anlage wohnt, lebt und  arbeitet, hat in diesen 20 Jahren prägend die Umgestaltung des ursprünglich rein landwirtschaftlich genutzten Geländes voran getrieben. Als Initiator ist er mit zwei eigenen Arbeiten einerseits Teilnehmer, andererseits hat er mit seinen Anregungen und seinem Schaffen erreicht, dass viele weitere namhafte Künstlerinnen und Künstler bereit waren, sich ebenfalls mit ihren Arbeiten einzubringen. So entstand aus zunächst reiner Familieninitiative ein „privater, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellter Raum, in dem sich das Augenmerk gleichermaßen auf Kunstwerke wie auf Landschaften richtet“ (Zitat Jörg van den Berg). Diese Familieninitiative ist zwischenzeitlich mit Hilfe des Kunstvereins Hasselbach e. V. übergegangen in die Familienstiftung „Im Tal – Stiftung Erwin und Ulla Wortelkamp“. Sie hat zum Ziel, in der Zukunft die Werke aus der Anlage ›im Tal‹, ebenso wie einen wesentlichen Bestandteil des persönlichen künstlerischen Werkes von Erwin Wortelkamp in die Stiftung zu überführen und beides damit nachhaltig der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. 

Seit 2006 bekennt sich die Öffentlichkeit, sprich (lokale) Politik und (lokale) Wirtschaft, zur Anlage „im Tal“. Zusammen mit interessierten Privatpersonen nimmt sie größeren Anteil am dauerhaften Erhalt dieser Anlage und setzt sich für die Pflege und die künstlerische Weiterentwicklung der Landschaft ein. Die „Westerwälder“ schätzen seit langem was hier geschieht, und das Land Rheinland Pfalz engagiert sich zunehmend.

Seit 2009 engagiert auch das Land weit über das bisherige Maß hinaus fördert die Arbeit der Stiftung institutionell jährliche in Höhe von 50 000 €. Das Geld soll ganz im Sinne des Stiftungszweckes verwendet werden. Dies wurde so 2007 beschlossen.

Wegen der Bedeutung der Person Erwin Wortelkamps und dessen Wirken für das Land wurde ihm im Dezember 2009  die höchste Auszeichnung des Landes, der Verdienstorden Rheinland-Pfalz, verliehen.

 
Vom 13. Dezember 2009 – 14. März 2010 läuft die Ausstellung
„hier und dort Arbeiten“ von Erwin Wortelkamp im Bahnhof Rolandseck und »im Tal« – Haus für die Kunst und Depositum.

»Skulpturen suchen und finden ihren Ort«. Dieses künstlerische Credo Erwin Wortelkamps bildet den Ausgangspunkt für die Ausstellung »hier und dort«. Das Publikum kann diese Suche, diese »Verortung« an zwei verschiedenen Ausstellungsorten verfolgen: zum einen im spätklassizistischen Bahnhofsgebäude des Arp Museums Bahnhof Rolandseck und seinen Außenanlagen, zum anderen in der Stiftung Erwin und Ulla Wortelkamp mit dem »Haus für die Kunst und Depositum«, welche zukünftig als Schaulager für die Arbeiten von Erwin Wortelkamp unweit seiner Anlage »im Tal« in Hasselbach/Westerwald dient. In Rolandseck werden Skulpturen aus den unterschiedlichen Werkgruppen sowie Zeichnungen gezeigt. Die Auswahl der Arbeiten eröffnet uns vielfältige Fragestellungen in Hinblick auf Wortelkamps plastisches Schaffen. Grundlegende bildhauerische Themen wie Fragilität, Stabilität, Balance und Ruhe sind dabei von zentraler Bedeutung. Ebenso spannend wird die Frage nach dem Verhältnis von Skulptur und Architektur, Skulptur und Raum, Skulptur und Betrachter thematisiert und inszeniert.

 
VITA
1938 geboren in Hamm/Sieg
1960-65 Studium der Bildhauerei und Kunstpädagogik an der Akademie für bildende Künste in München.
1965-1973 Kunsterzieher in Mainz und Frankenthal
1969 –1973 Informationsgalerie „atelier nw 8“ in Beindersheim und Frankenthal
1973 bis 1980 Assistent an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg
1986 Beginn der Arbeit „im TAL“ in Hasselbach
 Entdeckung von Aquaviva Picena, seither 2. Wohnsitz
1989 Gründung des Kunstvereins Hasselbach
1995 Verleihung des Kunstpreises Rheinland-Pfalz
1998 Errichtung des „Hauses für die Kunst“
2003 Sparda-Bank-Preis 2003
2006 Errichtung der Stiftung Erwin und Ulla Wortelkamp
2008 Verdienstordens Rheinland-Pfalz
2009 Errichtung des „Depositum“, Weyerbusch

Ausstellungen, eine Auswahl
1977 documenta 6 Kassel
1996 Goethe-Institut in Atlanta anlässlich der 26. Olympischen Sommerspiele
1998 Städtische Museen Heilbronn
1999 Kunstverein Ludwigshafen, Kunstverein Siegen, Von der Heydt-Museum Wuppertal
2000 Skulpturensammlung Staatliche Kunstsammlung Dresden
2001 Kunstmuseum Magdeburg, Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg
2002 Kunst im öffentlichen Raum Bamberg
2005 Pfalzgalerie Kaiserslautern
2007 Kunsthistorisches Institut Florenz
2008 Schloss Waldthausen Budenheim
2009 „Erwin Wortelkamp – innen wie außen“, Bamberg
2009 „hier und dort“, Arp Museum Bahnhof Rolandseck

Kunst am Bau (RLP)
1998 Künstlerische Ausgestaltung der Baumaßnahme des Ministeriums für Umwelt und Forsten „allseits-von oben nach unten, wie umgekehrt“ Skulptur, Prägedruck und Wandstück.

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