Blanko OB-Reden  Sitzung des Koblenzer Stadtrats, 1.02. 2013, TOP 11 – öffentliche Sitzung –

Antrag der CDU-Fraktion: “Zukünftige  Ausrichtung der Haushaltsstrukturkommission”

Rede des Oberbürgermeisters der Stadt Koblenz Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig

– Es gilt das gesprochene Wort –

  Sehr geehrte Damen und Herren,

die Verwaltung wird zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses – wie gewünscht – eine umfangreiche Vorlage präsentieren.

Ich möchte aber aufgrund des gestrigen Artikels in der Rheinzeitung zur kommunizierten Haltung der CDU-Ratsfraktion noch einige grundsätzliche Bemerkungen machen:

Die CDU beklagt, sie vermisse eine klare Arbeitsgrundlage für die Kommission.

Ich bin ganz ehrlich, für eine solche Aussage habe ich kein Verständnis!

Die Haushaltsstrukturkommission hat in ihrer konstituierenden Sitzung am 10. Juni 2011 die Struktur ihrer Tätigkeit und sogenannte Meilensteine für die Zeit bis 2016 festgelegt.

Danach sollten für den Haushalt 2012 kurzfristig erzielbare Verbesserungen beraten und eingebracht werden. Beginnend mit dem Haushalt 2013 sollten dann strukturelle Veränderungen vorgenommen werden. Für den Haushalt 2016 wird eine Nettoneuverschuldung von Null angestrebt.

Diese Meilensteine wurden bisher alle eingehalten und erreicht.

Für die Sitzung der Haushaltsstrukturkommission mit erstmaliger Beteiligung der Politik am 18. April 2012 hat die Verwaltung ein Konzept zur mittelfristigen Haushaltskonsolidierung vorgelegt. Hierin wird exakt dargelegt, wie die einzelnen Eckwerte tatsächlich mit Leben erfüllt und umgesetzt werden sollen, auch zur Aufgabenkritik und zur Verbesserung der Aufbau- und Ablauforganisation.

Diesem Papier wurde in der Haushaltsstrukturkommission nicht widersprochen. Es ist Grundlage für die Arbeit in der Kommission, vor allem aber ist es auch Grundlage für die Arbeit der Verwaltung.

In Vollzug dieses Konzeptes wurde in der Sitzung der Haushaltsstrukturkommission am 24. Oktober 2012 eine umfangreiche Liste mit 276 möglichen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung vorgelegt und beraten.

Diese Liste – die dann auch dem HufA zu den Etatberatungen vorgelegt wurde – enthält eine Vielzahl gerade struktureller Maßnahmen. Sie ist im Übrigen in Session eingestellt und kann von allen Ratsmitglieder und Berechtigten eingesehen werden. Ich empfehle Ihnen das sehr, Frau Schumann-Dreyer, denn genau das ist eine wichtige Arbeitsgrundlage der Kommission!

Es wurde in der Haushaltsstrukturkommission vereinbart, dass die Verwaltung die einzelnen Punkte prüft und nach Abschluss der Prüfung der Kommission zur Beratung vorlegt.

Diese Prüfung ist in der Verwaltung – übrigens ohne zusätzliches Personal – in vollem Gange. Viele Überstunden werden freiwillig geleistet. Ich erwähne nur die Leiterin der Kämmerei Frau Brockmann-Kneip mit ihrem Team und ganz besonderes den Leiter des Haupt- und Personalamtes Herrn Flöck mit seinem Team, der nebenher als Geschäftsführer der Haushaltsstrukturkommission tätig ist.

Statt öffentlicher Fundamentalkritik wäre wohl eher Lob und Anerkennung angesagt!

Es ist beabsichtigt, dass in den kommenden Sitzungen der Kommission sukzessive die Beratungsergebnisse vorgelegt werden.

Zu dieser Prüfliste kommt aber noch eine weitere Arbeitsgrundlage hinzu: Für die Aufstellung des Haushaltes hat der Stadtrat am 9. November 2012 den aktuellen Eckwertebeschluss getroffen, in dem die Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung benannt und beschlossen wurden. Auch das ist eine wichtige Arbeitsgrundlage der kontinuierlichen arbeitenden Kommission.

Zu behaupten, es gäbe keine Arbeitsgrundlage ist also schlichtweg falsch und erweckt in der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck!

Im Übrigen: Bereits in der Ratssitzung am 23. August 2012 haben wir ausführlich über die Arbeit der Haushaltsstrukturkommission informiert. Auch da hatte die CDU – obwohl sie selbstverständlich Mitglieder in die Kommission entsendet – scheinbar Informationsbedarf.
10 Sitzungen hatten wir seit Gründung der Kommission. Wir haben deutlich gemacht, über welche Punkte derzeit beraten wird und welche Maßnahmen bereits vom Rat beschlossenen wurden.

 
Als Zweites moniert die CDU in dem Artikel, es fehle eine grundsätzliche Strategie, 2016 keine Schulden mehr zu machen. Und Ratsmitglied Mark Scherhag fordert wörtlich: „Der Kämmerer muss erst einmal seine Hausaufgaben machen!“

Die Strategie – so dachte ich – wäre klar. Jedenfalls habe ich sie zuletzt in meiner Haushaltsrede erneut dargelegt.

Die Strategie basiert auf genau vier Säulen.

Erstens müssen wir unsere Ausgaben kontinuierlich reduzieren. Und dass wir genau das tun, habe ich ebenfalls in meiner Haushaltsrede deutlich gemacht.

Die CDU bemängelt in der Presse, dass es bei den Sparmaßnahmen um Peanuts ginge. Aber sind das wirklich Peanuts, die wir – meist gemeinsam – beschlossen haben?

– Die Reduzierung der EDV-Kosten bis 2016 um mindestens 1,4 Mio. Euro,
– ein Zentrales Gebäudemanagement,
– ein Zentrales Fuhrparkmanagement,
– die Auflösung des Versicherungsamtes,
– die Zusammenführung aller straßenbezogenen Aufgaben,
– die Neukonzeption zur Ausrichtung der Musikschule,
– die Reduzierung der Personalkosten und des Angebotes im Theater,
– der Abbau von mindestens 70 Stellen in 2012 und 2013 im Kernhaushalt,
– und der Abbau von 52 Mio. Euro Kassenkrediten über die Teilnahme am Entschuldungsfond.

Allein der Haushalt 2013 enthält über drei Millionen Einsparungen durch strukturelle Maßnahmen. Und das, obwohl wir in die Schulen und Brücken investieren wollen. Unsere Masterpläne werden umgesetzt.

Bei allem Verständnis, Frau Schumann-Dreyer, das sind keine Peanuts! Ihr Vorwurf ist falsch und trifft im Kern auch den Rat in seiner Gesamtheit – der ja bekanntlich das Budgetrecht hat.

Unterbreiten Sie weitere Vorschläge – die Verwaltung wird gerne alles prüfen!

Und dass wir derzeit sowieso schon eine große Anzahl von Vorschlägen prüfen, habe ich ja bereits ausgeführt. Die Vorschläge aus der HSK-Liste werden umfassend und sorgfältig geprüft – und das neben dem Tagesgeschäft und wie gesagt ohne zusätzliches Personal. Hieran sind viele Ämter beteiligt.

Ich frage mich deshalb: Welche Wirkung haben solche Aussagen, wie die von Herrn Scherhag, bei unseren engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? Auch daran sollten Sie zukünftig denken! Auch hier haben Sie eine Verantwortung!

Übrigens: die Verwaltung hat seit Oktober schon wieder rund 25 neue Maßnahmen identifiziert, die der Haushaltsstrukturkommission in der nächsten Sitzung vorgelegt und dann – falls sie auf grundsätzliche Akzeptanz stoßen – realisiert werden. Sie sehen, wir machen sehr wohl unsere Hausaufgaben. Und eigentlichen wissen Sie das auch. Warum also diese Form der Öffentlichkeitsarbeit?

Die zweite Säule ist die Verbesserung unserer Einnahmen. Auch das ist Teil des Eckwertebeschlusses. Ich habe hier in meiner Haushaltsrede umfassend berichtet, was wir in den letzten Monaten und Jahren getan haben. Ich werde das jetzt nicht alles wiederholen. Aber denken Sie nur an die Gewerbesteuer, an die Zweitwohnsitzsteuer und an die Parkgebühren. Auch werden wir weiterhin aufmerksam alle Möglichkeiten der Einnahmeverbesserung prüfen und weitere Vorschläge machen.

Die dritte Säule betrifft die Zuwendungen des Landes – vor allem die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs. Das Land ist dabei, seine Hausaufgaben aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes zu erledigen.

Die Ministerpräsidentin hat sich in ihrer Regierungserklärung am Mittwoch eingehend mit den Kommunen beschäftigt.

Ich zitiere: „Die Kommunen können keine weiteren Einnahmeverluste verkraften. Spätestens in zwei Jahren werden unsere Kommunen erstmals seit fast einem Vierteljahrhundert in die Lage versetzt, einen positiven Finanzierungssaldo zu erreichen. In den kommenden drei Jahren werden wir unseren Kommunen insgesamt eine knappe halbe Milliarde zusätzlich zur Verfügung stellen.“

Und sie betonte weiter: „Die großen Soziallasten der kommunalen Haushalte entstehen in den Landkreisen und kreisfreien Städten. Um zu gewährleisten, dass das zusätzliche Geld genau dort ankommt, bedarf es im kommunalen Finanzausgleich auch einer horizontalen Korrektur. Dazu schaffen wir eine neue Soziallastenverteilung. Wir stellen so bereits 2014 mit einem Volumen von rund 200 Mio. Euro anstelle des bisherigen Soziallastenansatzes in Höhe von 48 Mio. Euro gemäß dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs die Umverteilung für die Soziallasten auf ein neues Fundament.“

Was das genau für Koblenz bedeutet, werden wir wissen, wenn der Gesetzentwurf vorliegt. Die gemachten Ausführungen der Ministerpräsidentin lassen aber Gutes hoffen!

Gleichwohl wäre es zu früh, die Ankündigungen abschließend zu beurteilen. Wir werden jedenfalls unsere kommunalen Interessen über den Städtetag einbringen und verfolgen.

Mit der vierten Säule sind wir aber auch auf zusätzliche Hilfen des Bundes angewiesen. Die meisten Sozialleistungen werden nun einmal nach der Gesetzgebungskompetenz unseres Grundgesetzes vom Bund beschlossen.

Die Nettobelastung des städtischen Haushaltes – also das, was wir tatsächlich an Kosten nach Abzug der Landesmittel verausgaben – ist von 60,5 Mio. Euro im Jahr 2008 auf 75.8 Mio. Euro im Jahr 2013 gestiegen. Das ist ein Anstieg von 15,3 Mio. Euro –Tendenz steigend!

Ohne diese Steigerung wäre das Defizit im Finanzhaushalt nicht bei 29.1 Mio. Euro sondern bei 13,8 Mio. Euro.

Die Kommunen brauchen deshalb neben der Hilfe des Landes die Unterstützung des Bundes. Zum Beispiel in Form der im Fiskalpakt vereinbarten Entlastung bei der Eingliederungshilfe. Hier tragen die Kommunen ja die Kosten bei ambulanten Hilfen in voller Höhe und bei stationären Maßnahmen zu 50 Prozent.

Und hier fordern wir natürlich, dass das Land diese Entlastungen, wenn sie denn kommen, auch an die Kommunen weitergibt.

Auf diesen vier Säulen fußt unsere Strategie. Ich ging eigentlich davon aus, dass sei auch der CDU-Fraktion bekannt. Schließlich haben Sie es mit beschlossen! Im Übrigen sind wir mit dieser Strategie nicht alleine. Alle großen Städte in Rheinland-Pfalz versuchen so ihre Haushalte zu konsolidieren. Es geht gar nicht anders.

Die Verwaltung wird jene Säulen, die im Zuständigkeitsbereich der Stadt liegen, weiterhin mit großem Engagement „bearbeiten“. Das liegt in unserer Hand. Wenn Bund und Land auch ihren Anteil tragen, ist das Ziel – keine neuen Liquiditätskredite – in Sicht.

 
Sehr geehrte Damen und Herren,

noch ein letzter Punkt: Der besagte Presseartikel gipfelte in der Aussage der CDU, eine grundsätzliche Aufgabenkritik würde fehlen.

Aufgabenkritik bedeutet, dass alle von der Stadt wahrgenommenen Aufgaben daraufhin zu prüfen sind, ob sie grundsätzlich weiterhin wahrgenommen werden müssen und mit welchem Standard.

Hierzu ist natürlich zunächst festzuhalten, dass viele Aufgaben der Kommune durch Bundes- oder Landesgesetz übertragen sind. Und das gilt oft nicht nur hinsichtlich des  „ob“ sondern auch des „wie“.

Dies gilt auch für den großen Ausgabenblock der Sozialleistungen.
Aber selbstverständlich ist auch hier Potential. Und die Verwaltung hat ja in 2012 mit der Arbeit begonnen. Nur scheint auch das – obwohl wir es in der Kommission, in den zuständigen Gremien und natürlich auch im Stadtrat behandelt haben – der CDU verborgen geblieben zu sein!

Aber ich bin von Hause aus Erwachsenenbildner und glaube an Lernwilligkeit und Lernfähigkeit.

Deshalb erwähne ich gerne noch einmal einige Beispiele:

Wir haben
– das Versicherungsamt aufgelöst,
– die EDV-Ausstattung reduziert,
– bei der Zentralen Vergabestelle Einsparungen vorgenommen
– Veröffentlichungsstandards reduziert,
– die Fremdvergabe von Gutachten und externen Diensten zurückgefahren,
– Personal bei der Druckerei eingespart
– das Angebot der VHS, des Ludwig-Museums und des Theaters reduziert,
– und, und, und…

Ich könnte die Liste weiter fortführen. Viele Vorschläge sind ja darüber hinaus noch in der Liste der HSK-Maßnahmen enthalten.
Zudem finden kontinuierlich Organisationsuntersuchungen statt. So wurde eine Organisationsuntersuchung im Jugendamt und in der Bauaufsicht durchgeführt. Für die Bauleitplanung, für das Bauberatungszentrum, für die Eingliederungshilfe im Sozialamt und für das Vermessungsamt werden dieses Jahr Untersuchungen stattfinden.
Sie dienen alle dazu herauszufinden, wo Aufgaben wegfallen oder reduziert werden können oder wo Verbesserungen in den Arbeitsabläufen möglich sind.

Da dies alles mit vorhandenem Personalbestand stattfindet, kann das natürlich noch nicht flächendeckend sein, in dem Sinne, dass schon die gesamte Verwaltung „durchleuchtet“ werden konnte. Aber wir sind hier auf sehr gutem Weg!

Dafür danken wir den Mitgliedern der Haushaltsstrukturkommission und besonders dem scheidenden ehrenamtlichen Vorsitzenden Manfred Graulich sowie Dr. Josef Peter Mertes als früheren Chef der Kommunalaufsicht und Prof. Dr. Gunnar Schwarting als Geschäftsführer des Städtetages, einer der Top-Experten.

Andere Städte zahlen viel Geld für Beraterinnen und Berater. Wir bekommen das kostenlos und organisieren den Konsolidierungsprozess aus dem Bestand. Da hätte ich eher öffentliche Anerkennung als Kritik erwartet.

 
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte Frau Schumann-Dreyer,

Sie haben gemerkt, Ihre Ausführungen in der Presse haben mich geärgert – vor allem, weil Sie wissen, wie hart und engagiert die Verwaltung gemeinsam mit dem Stadtrat an der Konsolidierung des Haushaltes arbeitet.

Mit ihren Aussagen erwecken Sie aber den Eindruck, als ginge überhaupt nichts voran! Und das zu behaupten, ist nicht nur falsch sondern auch verantwortungslos!

Ich werde auch zukünftig als Chef der Verwaltung und als Vorsitzender des Stadtrates diesen Legendenbildungen entgegenwirken und mich vor unsere hart arbeitende Verwaltung und die konstruktiven Kräfte des Stadtrates stellen!

 

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