Also, wat is en Staatssekretär? Da stelle mer uns janz dumm. Und da sage
mer so: en Staatssekretär is einer, der singe volle Terminkalender
irjendwann jejen den volle Terminkalender als OB tauscht. Und wat en OB
is, dat krieje mer später!
Die Anleihe bei Heinrich Spoerls legendärer „Feuerzangenbowle“ sei
verziehen. Aber fragte man Paare, Passanten in der Fußgängerzone einer
beliebigen deutschen Stadt, ob sie eine Vorstellung davon haben, was
denn ein Staatssekretär den lieben langen Tag so treibt, müssten die
Meisten wohl passen. Ein Staatssekretär? Das ist doch einer… Ist der
nicht zuständig für… Ähnlich rudimentär würde der Großteil der Antworten
wohl ausfallen.
 
Bringen wir also Licht ins Dunkel – und stellen uns erst mal janz dumm.
Was macht man da? Man schlägt zum Beispiel im Internet bei „Wikipedia“
nach und liest dann dort Folgendes: „Der Staatssekretär ist 1. ein dem

Minister untergeordnetes Regierungsmitglied oder 2. der Amtstitel des
höchsten Beamten eines Ministeriums oder einer sonstigen obersten
Behörde. (…) Der beamtete Staatssekretär ist  – entsprechend der
Weimarer Tradition seit 1919 – der ständige Vertreter des Ministers und
hat wie dieser ein uneingeschränktes Weisungsrecht gegenüber den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seines Ressorts.“
 
Aha, nun sind wir doch schon deutlich schlauer als vorher. Aber da wir
ja nicht nur deutlich schlauer, sondern schlau sein wollen, nehmen wir
andere Informationsquellen zur Hand, beispielsweise das „Politiklexikon“
von Klaus Schubert. Da heißt es unter dem Stichwort
Staatssekretär/Staatssekretärin:
 
„Amtsbezeichnung für Beamte (auf Bundesebene und in einigen
Bundesländern) die im Rang unmittelbar nach dem Minister folgen. S.
erfüllen politische Aufgaben. Zu unterscheiden sind a) beamtete S., die
den Minister in allen Ressortfragen vertreten und als Verbindung
zwischen Politik (Minister) und Administration (der Organisation und dem
Personal des Ministeriums selbst) fungieren …“.
 
Soweit die Theorie. Wir wissen nun, dass der Staatssekretär, um den es
hier geht, Professor Dr. Joachim Hofmann-Göttig, in der Hierarchie
gleich nach Frau Ministerin Doris Ahnen kommt, dass er sie in allen
Ressortfragen – in seinem Falle alle Kulturangelegenheiten – vertritt
und dass er Vorgesetzter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Kulturabteilung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und
Kultur ist. Aber wissen wir damit auch, wie das in der Praxis aussieht?
Nein, das tun wir nicht. Gut nur, dass unser Herr Staatssekretär uns
darüber nicht im Unklaren lässt, sondern selbst die Antworten darauf
gibt, nämlich in seinem Tagebuch.
 
Darin bekommen seinen Leserinnen und Lesern zumindest eine Ahnung, was
den Alltag eines, was den Alltag dieses Staatssekretärs ausmacht.
Wohlgemerkt: sie bekommen eine Ahnung, nicht mehr. Wer Hofmann-Göttig
abends bei einer Kulturveranstaltung mit einem Glas Rotwein in der Hand
– oder seiner innig geliebten Cola light – antrifft, mag dies für den
Hauptbestandteil seiner Arbeit ansehen. Ein bisschen angeregt plaudern,
sich fotografieren lassen, Witzchen machen. Gewiss, das alles ist Teil
des Staatssekretärs-Alltags – und bei einem, der der Kultur verpflichtet
ist, erst recht. Aber es ist nur ein Teil davon, und oft genug nur ein
kleiner.
 
Hofmann-Göttigs persönliche Einträge in seinem Tagebuch vermitteln da
schon andere Eindrücke. Aber auch die vermögen die Realität nur Insidern
zu verdeutlichen. Wenn dort immer wieder von Akten und E-mails,
Besprechungen und Interviews, Terminvorbereitungen und Besichtigungen
die Rede ist, dann hört sich das alles so locker-lässig ist. Allein, die
Wirklichkeit ist anders. Staatssekretär zu sein ist ein hartes,
schweißtreibendes Geschäft. Eines, das an die Substanz geht. Eines, bei
dem man Nerven lässt und am Ende des Tages erschöpft ins Bett fällt.
 
Staatssekretär zu sein bedeutet, Entscheidungen vorzubereiten und zu
treffen. Es bedeutet, Menschen enttäuschen zu müssen, weil ihre Anliegen
zum Zeitpunkt x nicht umsetzbar sind. Staatssekretär zu sein bedeutet
vor allem, sich Tag für Tag durch eine Unmenge an Informationen kämpfen
zu müssen, um fach- und sachkundig zu sein.
 
Bei Hofmann-Göttig kommt buchstäblich erschwerend hinzu, dass er als
Staatssekretär – ungeachtet seiner hierarischen Rangfolge nach der
Ministerin – operative Verantwortung für wichtige Bereiche der
rheinland-pfälzischen Kulturpolitik trägt. Er ist Vorsitzender der Villa
musica, der Landesstiftung Arp Museum Bahnhof Rolandseck und der
Stiftung Hambacher Schloss. Wer in den vergangenen drei bis vier Jahren
nicht auf einer einsamen Insel im Südpazifik gehaust hat, weiß, welche
Entscheidungen es beim Arp Museum Bahnhof Rolandseck zu treffen, welche
öffentlichen Debatten es auszuhalten galt.
 
Eines ist klar: den Mann haut so schnell nichts um. Um das
herauszufinden, müssen mer uns jar nit dumm stelle…
 
Michaela Weh, Insiderblick, 12.05.2009

Comments are closed