Rede TOP 1 „Justizreform“  OB Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig
Stadtrat-Sitzung am 25.08.2011

” Der Stadtrat hat mich gebeten, über unsere Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Justizstandort Koblenz zu berichten.

Wir – und ich möchte dabei das Engagement der Bürgermeisterin besonders erwähnen – waren zu diesem Thema in enger Zusammenarbeit mit dem Verein „Pro Justiz Rheinland-Pfalz e.V.“ tätig.

Dabei haben wir stets eine klare Position vertreten. Die Landesregierung in Mainz hat immer davon gesprochen, mit der Zusammenlegung von OLG und Generalstaatsanwaltschaft mit Sitz in Zweibrücken ließen sich nennenswerte Kosten einsparen, zuletzt beziffert mit 1,7 Mio. Wir haben dies bezweifelt, nicht zuletzt im Hinblick auf die renovierten Räumlichkeiten des OLG in Koblenz und das Neue Justizzentrum u.a. für die Generalstaatsanwaltschaft.

Die Fronten waren über Monate verhärtet.

Die Landesregierung ist den Protestierenden nun einen großen Schritt entgegen gekommen. Sie hat eine unabhängige Kommission u. a. beauftragt, diesen strittigen Vorschlag bis März nächsten Jahres fachlich zu bewerten.

Und zwar ergebnisoffen.

Das ist ausdrücklich zu begrüßen.

Die Auseinandersetzung zu dem Thema hatte auch eine persönliche Note. Natürlich hat meine klare öffentliche Positionierung an der Seite der – wie ich weiterhin finde – zu Recht opponierenden Justiz in Kreisen der Landesregierung nicht Freude ausgelöst, zumal ich selbst zuvor 19 Jahre Mitglied der Landesregierung war. Das ist nicht zu ändern.

Meine Aufgabe als Koblenzer Oberbürgermeister ist es aber, Koblenzer Interessen zu vertreten, auch wenn ich dabei temporär alte Freunde ärgern muss.

Nach der erfreulichen Kurskorrektur habe ich den Herrn Ministerpräsidenten gefragt, ob wir unsere künftige Zusammenarbeit in einem Vieraugengespräch erörtern wollen. Das hat er spontan bejaht und mich am vergangenen Freitag im Rathaus aufgesucht.

Wir haben darauf verzichtet, erneut zu erörtern, was bei dieser Sache alles schief gelaufen ist. Wir haben den Blick nach vorn gerichtet.
Ich habe auch in diesem Gespräch den Eindruck gewonnen, dass er in dieser Sache nicht rechthaberisch auftreten will, dass es ihm Ernst ist mit der ergebnisoffenen Prüfung.

Das ist dann auch gut so.
Dann lassen wir mal die Kommission arbeiten.

Und natürlich werden die Koblenzer Justiz und der Verein ihre fachlichen Gesichtspunkte in die Arbeit einzuspeisen wissen. Ich sehe jedenfalls eine Chance für einen Kompromiss.
Aber wir müssen wachsam bleiben.

In diesem Sinne habe ich auch am vergangenen Montag in der Mitgliederversammlung berichtet und viel Beifall bekommen. Deshalb bedanke ich mich bei all’ jenen, die Anteil an der neuen Entwicklung genommen haben.

  •  Allen voran beim Verein unter Vorsitz meines Amtsvorgängers Dr. Eberhard Schulte-Wissermann und Dr. Peter Itzel. Die 50.000 Unterschriften für den Protest waren ganz wichtig.
  •  Beim gesamten Stadtrat, der sich mit einer gemeinsamen Resolution und dem Engagement einzelner Stadträte für ein Umdenken eingesetzt hat.
  •  Ich bedanke mich bei der CDU-Landtagsfraktion, namentlich bei Andreas Biebricher und Julia Klöckner, für die Große Anfrage, die beiden Seiten fachliches Material liefert, aber auch für die seinerzeitige Ankündigung eines Volksbegehrens mit dem Ziel eines Volksentscheids. Das war richtig und wichtig.
  •  Ich bedanke mich bei der Grünen-Landtagsfraktion, namentlich bei Nils Wiechmann und Daniel Köbler, dass sie als erste Koalitionsfraktion deutlich gemacht haben, dass das Vorhaben nicht mehrheitsfähig ist, wenn nicht der Beweis erbracht wird, dass schnell und dauerhaft
    – saldiert – mindestens eine Million Euro eingespart wird.
  • Ich bedanke mich bei der SPD-Landtagsfraktion, namentlich bei Clemens Hoch und Hendrik Hering, dass sie sich mit der Landesregierung auf die Suche nach Kompromissen gemacht hat
  •  Und ich bedanke mich bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich an dem Protest beteiligt haben.

So ist die ganze Sache mit Stand von heute auch ein Lehrstück in Demokratie und bürgerschaftliches Engagement: Protest kann etwas bewirken, wenn man gute Argumente hat.

  • Ich bedanke mich auch bei den Kommunen im Norden des Landes, die uns stets unterstützt haben.

Jetzt soll gearbeitet werden und dann sehen wir mal weiter.

Im vorhin erwähnten Gespräch mit dem Herrn Ministerpräsidenten ging es noch um ein zweites Thema, dass für die Zukunft unserer Stadt strukturell noch bedeutsamer sein könnte:
Die Bundeswehrstrukturreform.

Noch kennen wir nur die Ziele, nicht aber die Maßnahmen. Ich habe mit dem Herrn Ministerpräsidenten vereinbart, dass wir uns in dieser Sache eng miteinander abstimmen wollen.

Mit dem MdB Dr. Michael Fuchs habe ich verabredet, den Bundesverteidigungs-
minister Dr. Thomas de Maiziere nach Koblenz einzuladen und uns in dieser Sache zwischen Koblenz, Berlin und nicht zu vergessen – Bonn dazwischen – eng zu koordinieren.

Ich werde von mir aus auf den Stadtrat zukommen, sobald ich Neuigkeiten zu beiden Themen berichten kann.

Comments are closed