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Quelle: www.villamusica.de

Menschen: Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig: Vorstandsvorsitzender von Villa Musica und “mit Haut und Haaren Kulturmensch”

Ein Staatssekretär nur für die Kultur in Rheinland-Pfalz – das hätte sich der Amtsinhaber und Vorstandsvorsitzende von Villa Musica, Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig, damals nicht träumen lassen. Wenngleich dies sein schon früh erklärter Berufswunsch war: Wie Gerhard Schröder einst mit den Worten “Ich will da rein!” an den Stäben des Kanzleramtes rüttelte, sagte sich auch der junge Hofmann-Göttig bereits als 22-jähriger: “Ich werde Kulturstaatssekretär.

Die Anekdote erzählt er heute mit einem Schmunzeln, doch sagt sie viel aus über Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit, politischen Gestaltungswillen und gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein – Eigenschaften, die Amtsführung und Selbstverständnis Hofmann-Göttigs zugrunde liegen.

Eine Frage lässt ihn amüsiert auflachen, denn angesichts des grandiosen Ausblicks aus seinem Büro im elften Stock des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur sowie der klangvollen Bezeichnung “Kulturstaatssekretär” kommt man augenzwinkernd ins Grübeln, ob das nicht auch ein Job für einen selbst wäre: “Wie wird man das? Kann man das lernen? Gibt es einen Ausbildungsgang?”

Schon als Landesschulsprecher in Hessen kam Joachim Hofmann-Göttig mit dem damaligen Kultusminister und Staatssekretär für Bildung in Kontakt. Die gemachten Erfahrungen animierten den Abiturienten zum Pädagogik-Studium und die Arbeit in der SPD sowie das politische Engagement auf kommunaler Ebene empfahlen ihn noch während des daran anschließenden Jurastudiums dem Parteivorstand in Bonn als ersten Referenten für Schülerfragen.

In dieser Zeit fiel auch der Wunsch, Kulturstaatssekretär zu werden: “1972! Rheinland-Pfalz? Da war das für einen Sozialdemokraten nur ein frommer Wunsch”, erinnert sich Hofmann-Göttig an die “schwarzen” Zeiten in der Staatskanzlei. Und so nahm er die Beamtenlaufbahn über Hessen und das Saarland, wo er zuletzt Ministerialdirigent wurde.

Als Rudolf Scharping 1991 die Regierungsgeschäfte in Rheinland-Pfalz übernahm, holte er seinen früheren Mitarbeiter aus Bonner Zeit ins Team. “Damals gehörte die Kultur zum Bildungsressort”, erinnert sich Hofmann-Göttig gerne an seine “Lehrherrin” Dr. Rose Götte, die damals zuständige Ministerin. Die Bildung freilich war seine berufliche Profession, aber auch an der Kultur begann er damals “viel Freude” zu haben.

1992 wurde er erstmals Vorstandsvorsitzender von Villa Musica und leitete die bis dahin einzige Organisationsreform – “verantwortlich und nicht rein exekutiv”. Dass Hofmann-Göttig dies betont, zeigt, wie sehr ihm dieser Bereich in der Zwischenzeit ans Herz gewachsen war: “Heute bin ich mit Haut und Haaren Kulturmensch.”

18 Jahre ist Joachim Hofmann-Göttig nun schon Staatssekretär im Dienste des Landes Rheinland-Pfalz. Als Dr. Rose Götte nach zehn Jahren 2001 in den Ruhestand eintrat, wurde das Ministerium neu zugeschnitten: Die neue Ministerin für Bildung wurde die heutige Amtsinhaberin Doris Ahnen, die Kultur wurde dem Ministerium von Jürgen Zöllner zugeschlagen, der mit Roland Härtel einen eigenen Staatssekretär einsetzte. 2006 wurden die Karten nochmals neu verteilt und Hofmann-Göttig bekam sein heutiges Amt “zurück”: das des Staatssekretärs für Kultur. Und zwar – im Gegensatz zu früher, als er 50 Prozent seiner Tätigkeit der Schule widmete – zu 100 Prozent: “Das ist beglückend”, bekennt er mit Nachdruck.

Wie man also Kulturstaatssekretär des Landes Rheinland-Pfalz wird, wäre also geklärt. Doch welche Talente braucht es, dieses Amt erfolgreich auszufüllen? Hofmann-Göttig nennt neben den politischen und administrativen Qualitäten fachliche Kompetenz und – allem voran – die Bereitschaft, zu lernen. Denn das Feld, das es zu bestellen gilt, ist äußerst vielfältig: Kultur in Rheinland-Pfalz ist weit mehr als Kammermusik in Burgen und Schlössern, Vokalmusik am Mittelrhein oder hohe Kunst im Arp-Museum in Remagen.

“Von Hochkultur bis Karneval – auf alles muss man sich einlassen”, erklärt Hofmann-Göttig, der dieses “Müssen” jedoch keineswegs als Belastung empfindet. Allerdings braucht dieses “kulturelle Leben” seine Zeit: Die 70- bis 80-Stundenwoche ist für Hofmann-Göttig eher Regel als Ausnahme. Mal gerade zehn Prozent seiner Arbeitszeit ist der Staatssekretär im Büro – die schöne Aussicht kann er also selten genießen. Den Rest befindet sich Hofmann-Göttig “on the road”: Über 100.000 Kilometer legt er jährlich für das Ministerium zurück. Jeden Tag hat er etwa zwei Pilotenkoffer Akten zu bearbeiten – oft auf den Fahrten von und zu Terminen.

Joachim Hofmann-Göttig gewährt einen kleinen Einblick in seinen (Arbeits-) Alltag: Um kurz vor sechs Uhr morgens klingelt der Wecker; nach einer Runde Joggen, die für den Staatssekretär ebenso wichtig ist wie das gemeinsame Frühstück mit der Familie, wartet um 7.45 Uhr der Fahrer. Und dann geht es zu diversen Terminen: Denkmalschutz, Kultursommer, Pressekonferenzen, Rücksprache mit Ministerin Ahnen, Vorstandssitzung von Villa Musica – Landeskulturpolitik ist breit gefächert.

Über 1.000 Kultur-Termine rund um Theater, Musik, Archäologie, Bildende Kunst, Kabarett und vieles mehr sowie 250 besuchte (!) Veranstaltungen kommen in einem Jahr locker zusammen. Die Liste ließe sich noch lange fortführen, wirkt Hofmann-Göttig, der im Rahmen seiner Tätigkeit auch eine Honorarprofessur für (Kultur-) Soziologie in Koblenz innehat, als Staatssekretär in nicht weniger als 36 Gremien und Institutionen mit.

Ein Posten, der ihn jedoch auf jeden Fall innerlich bereichert, ist die Aufgabe als Vorstandsvorsitzender der Landesstiftung Villa Musica. Gemeinsam mit dem Arp-Museum und dem Hambacher Schloss ist die Landesstiftung mit eines der landes- und bundesweit bedeutendsten Institutionen, denen Joachim Hofmann-Göttig vorsteht.

In den 90er Jahren entwickelte der Vorstandsvorsitzende eine hohe emotionale Bindung zur Landesstiftung, die bis heute nicht nachgelassen hat. Er nennt diese intensive Identifikation gar ein “Liebesverhältnis”: “Hier geht es nicht nur um Kunst, sondern um die Lust daran.” Als das Land 1998 Schloss Engers dem Stiftungskapital als Schenkung zuschlug, war das für ihn der glücklichste Moment seiner Laufbahn. Und so, wie er vom dortigen Ambiente, von den gut besuchten Open Air-Konzerten und der Arbeit der dort ansässigen Landesmusikakademie schwärmt, könnte man augenzwinkernd meinen, er hätte es selbst geschenkt bekommen.

Das Anliegen von Joachim Hofmann-Göttig als Vorstandsvorsitzender der Stiftung ist, dass Villa Musica überregional wahrgenommen und für das Land rufbildend ist. Dabei hatte er anfangs überhaupt keinen Bezug zur Kammermusik, auch wenn er in früheren Tagen Geige im Schulorchester spielte. Als er sich in das Organisatorische hineingearbeitet hatte, eignete er sich die Grundbegriffe an und besuchte hierfür anfangs gut 30 Konzerte im Jahr: “Dabei habe ich das Team sehr gut kennengelernt.” Mittlerweile fasziniert ihn die Kammermusik und – ein besonderes Markenzeichen von Villa Musica – die Nähe zu den ausführenden Künstlern. Ähnlich erging es ihm mit der Musik bei RheinVokal. Das Festival, das sein Amtsvorgänger Roland Härtel ins Leben gerufen hatte, hat ihn ebenfalls “erwischt”: “Es gibt Dinge, für die ist man Feuer und Flamme, wenn man sie kennenlernt.”

Als “Filetstück” bezeichnet er auch die Reihe “Musik in Burgen und Schlössern”, die mit auf seine Initiative zurückgeht. Hofmann-Göttig bezeichnet es als “einfach emotional erfüllend, sich die rheinland-pfälzischen Burgen durch die Kammermusik zu erschließen”. Schließlich haben es ihm die alten Gemäuer schon seit Kindesbeinen angetan.

“Jeder hier bei Villa Musica ist verliebt ins Gelingen. Und das ist einfach beglückend”, ist sich Hofmann-Göttig der Tatsache bewusst, sich auf ein Team aus rund 30 leitenden Persönlichkeiten des musikalischen Lebens im Lande stützen zu können und nennt mit dem Künstlerischen Leiter von Villa Musica Klaus Arp, deren Geschäftsführer Karl Böhmer und dem Generalsekretär der Stiftung Hambacher Schloss und der Villa Musica Kurt Karst stellvertretend drei seiner Mitarbeiter: “Hier existiert ein gewachsenes Vertrauensverhältnis, in dem etwaige Meinungsverschiedenheiten konstruktiv ausdiskutiert werden und ein guter Kooperationsgeist herrscht.

Doch selbst das hellste Licht kann die Schattenseiten des Amtes nicht überstrahlen: Auch im Hause des Kulturstaatssekretärs – und hier vielleicht besonders schmerzhaft – dreht sich viel um den materiellen Mangel, um ständige Einsparbemühungen. Hier dennoch verantwortlich zu handeln, ist für Joachim Hofmann-Göttig Herausforderung, Risiko und Chance gleichermaßen.

Dennoch: Er ist zufrieden in seinem “Job”, auch wenn dieser die Pflege von “fachfremden” Freundschaften so gut wie unmöglich macht und ihm sommers kein freies Wochenende gönnt: Abends wird immer noch gearbeitet, bevor sich der Kulturstaatssekretär mit seiner Frau in seinem Haus auf der Mittelrhein-Halbinsel Oberwerth bei Koblenz mit bei einer DVD – Hofmann-Göttig ist begeisterter Cineast – ein, zwei Glas Rotwein gönnt. Auch wenn die beruflichen Wogen noch so hoch gehen: Das Frühstück am Wochenende im Kreise der Familie ist ein fixer Termin, der höchstens mal von Sonn- auf Samstag verschoben werden darf.

Da Joachim Hofmann-Göttig täglich mit höchstens fünf bis sechs Stunden Schlaf auskommen muss, genießt er die wenigen wirklich freien Urlaubstage umso mehr, um in Ruhe Bücher zu lesen oder seinem Hobby Fotografieren nachzugehen. Und um Kraft zu tanken, um nach den Ferien wieder “mit Haut und Haaren Kulturmensch” zu sein.

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