06:25 Kurzer Blick in die Rhein-Zeitung, 5-km-Jogging-Runde zum Pegelhaus und zurück, (ich freue mich schon jetzt auf das erste Glas Wein oben unter der Kuppel, wenn das Pegelhaus mal fertig ist, seltsamer Gedanke beim Joggen, gebe ich zu …), Frühstück „nur“ mit meiner Frau, wie die ganze Woche schon wegen der Schulferien.

08:15 Fahrt ins Koblenzer Industriegebiet.

08:30 Firmenbesuch bei Gotthardt Informationssysteme GmbH zusammen mit dem Landtagsabgeordneten David Langner.
Der geschäftsführender Gesellschafter Karl-Heinz Veith steht uns zum Gespräch zur Verfügung.
Die Firma betreut ausschließlich Zahnarzt- und Arztpraxen
mit Computerausstattungen (Hardware, Software, System- und Anwenderbetreuung).
Es wird mir wieder einmal deutlich, welches hohe wirtschaftliche Niveau in der IT-Stadt Koblenz anzutreffen ist.
Diese Firma hat sich auf den Gesundheitssektor spezialisiert, um dort auch alle Anwenderfragen beantworten zu können. Ich frage den Experten, ob eigentlich jemals das Bundesgesundheitsministerium auf den Gedanken gekommen ist, solche Firmen (es gebe wohl bundesweit zwanzig davon) zu einem Beratungsgespräch in Sachen Gesundheitsreform einzuladen. Denn dass hier große, auch betriebswirtschaftliche Kompetenz gebündelt ist, das ist offenkundig. Karl-Heinz Veith verneint. Das hatte ich befürchtet, vielleicht ein Grund dafür, dass die Unzufriedenheit über die ständigen „Reformen“ in diesem Bereich durchgängig zu hören ist.
Bei diesem Firmenbesuch wird mir klar, dass ich durch die vielen Firmenbesuche sehr viele Menschen mit vielfältigen Kompetenzen kennen lerne, die ich im Falle meiner Wahl als Oberbürgermeister immer wieder in Kompetenznetzwerke integrieren kann, um mich vor praxisfernen, bürokratisch politischen Entscheidungen zu schützen. Überhaupt verabscheue ich Entscheidungen auf der Grundlage nur allgemeiner Kenntnisse. Blumiges Daherreden ist nicht meine Welt. Immer wieder Expertenrat einzuholen, das sind Grundlagen für Entscheidungen. Insofern ist diese Vorbereitungsphase ein Prozess der täglichen Kenntnisverbreiterung und Netzwerkknüpfung.

10:30 Weindorf: Mit Moderation des Landtagsabgeordneten Heribert Heinrich führe ich ein Gespräch mit Elvira Jung, der Betriebsratsvorsitzenden von TRW Lucas Automotive (1.900 Beschäftigte in Koblenz) und Bernd Feuerpeil, dem Betriebsratsvorsitzenden von Aleris Aluminium GmbH (1.300 Beschäftigte in Koblenz). Der Dritte im Bunde ist der IG Metall Geschäftsführer Reiner Göbel, der darauf hinweist, dass 6.500 Arbeitnehmer/-innen im Industriegebiet arbeiten. Er empfiehlt mir, Koblenz als Industriestandort stets im Bewusstsein zu behalten, was ich gern bekräftige. In der Metallindustrie ist die Wirtschaftskrise voll angekommen, Kurzarbeit ist die Realität in den meisten Firmen.
Wie ich erfahre, gebe es zahlreiche „Standortsicherungsverträge“, mit denen Arbeitnehmer/-innen und ihre Gewerkschaften zugunsten zeitlich befristeter Arbeitsplatzgarantien Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnausgleich und Lohneinbussen vereinbaren mussten.
Es wird berichtet, dass die leitende Mitarbeiterschaft dieser Konzernfirmen häufig nur sehr kurz in der Region verbliebe und insoweit auch im gesellschaftlichen Netzwerk wenig verankert sei. Die Gesprächspartner verwenden dabei den Begriff  „Heuschrecken“.
Mir wird bei diesen Schilderungen klar, dass ich bei meinen Firmenbesuchen verschiedene Typen von Unternehmen kennen gelernt habe.
Unsere Koblenzer Wirtschaft ist geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen, zumeist in privater Hand. Dabei handelt es sich um Unternehmerpersönlichkeiten mit hoher sozialer und regionaler Verantwortung. Mit diesen Firmen können Bündnisse geschlossen werden, um Koblenz gemeinsam nach vorn zu bringen.

Anschließend stelle ich mich meinen Gesprächspartnern vor. Ich bin zwar seit 35
Jahren Mitglied in einer DGB-Gewerkschaft (Ver.di, aber nicht über die ÖTV , sondern als gelernter Redakteur über die IG Druck und Papier kommend), aber seit 25 Jahren dem Arbeitgeberlager zu zurechnen. Als Kultur-Staatssekretär habe ich Personalverantwortung für 1.000 Beschäftigte. Für mich ist allerdings der Gedanke der Sozialpartnerschaft zwischen Kapital und Arbeit anstelle des früheren Klassenkampfdenkens bestimmend. Fairer Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, frühzeitige Einbeziehung der Personalvertretungen in Überlegungen zur Umgestaltung der Arbeitsbedingungen, sei für mich selbstverständlich.

Meine Gesprächspartner schlagen vor, im Falle meiner Wahl zum Oberbürgermeister, einmal im Jahr einen „Runden Tisch“ mit den örtlichen Personalvertretungen zu organisieren. Das sage ich gern zu. Meine Zusage wird noch heute, am selben Tag,  in einer von mir herausgegebenen Pressemitteilung festgehalten. Alle Beteiligten sind sehr zufrieden mit dem Gespräch.

12:30 Zu Hause finden intensive Gespräche mit einigen Unterstützer/-innen meiner unabhängigen OB-Kandidatur bei einem Mittagessen statt.

14:30 Hintergrundgespräch mit einem Sachverständigen zur Situation in der kommunalen Verwaltung. Anschließend bearbeite ich Emails und erledige notwendige Telefonate.

17:15 Fahrt nach Treis-Karden/Mosel. Unterwegs bearbeite ich Ministeriumsakten.

18:00 Der Koblenzer Architekt Dieter Rumpenhorst zeigt mir das heimatkundliche, archäologische Stiftsmuseum in Karden, das mit Hilfe der Kulturstiftung des Landes, dessen Generalsekretär ich bin, aufgebaut werden konnte.

19:00 In einer benachbarten Vinothek treffen Rumpenhorst Partner aus dem Koblenzer Architektenbüro Tom Naujack und Joachim Rind hinzu.
Wir führen ein intensives Gespräch über Fragen einer modernen Städtebaupolitik in Koblenz wie die Erschließung des städtischen Festungsringes mit Fort Konstantin, Feste Franz und Fort Asterstein, wie Fragen nach der Verkehrsführung und des Verhältnisses zwischen Individual- und öffentlichem Personennahverkehr in der Innenstadt. Vor allem aber geht es um die Frage einer Städteplanung zwischen Politik,  professionellem Sachverstand und notwendiger Bürgerbeteiligung. Wir sind uns einig, dass die Frage nach bürgerlicher Akzeptanz von Planungen ganz wichtig ist und hier, in der Kommunikation rund um die Themenproblematik Zentralplatz, einiges schief gegangen ist. Auch sind wir uns einig, dass man für künftige Vorhaben über den Tellerrand der eigenen Stadt hinaus schauen muss, um gute Beispiele für Städtebauplanungen und der Organisation von Kommunikationsprozessen für Koblenz fruchtbar zu erschließen.

20:40 Auf dem Heimweg nach Koblenz bearbeite ich weitere Akten und Emails.

21:20 Zu Hause gibt es erstmal Abendbrot, danach geht es ins heimische Arbeitszimmer. Viele Emails sind zu schreiben und zu bearbeiten und dieses Tagebuch zu schreiben, parallel verfolge ich die aktuelle Sendung von TV-Mittelrhein.

01:15 Feierabend, und zum Tagesausklang freuen wir uns auf ein Gläschen Rotwein.

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