3 Apr
Trier hat einmalige Chancen
Posted in Interviews/Gespräche JoHo, Offene Briefe/Dokumente by joho Keine KommentareVerfasser: Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig. Kultur-Staatssekretär, Mainz 03.04.2009:
Die kulturelle Ausstrahlung Triers hat sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten mächtig zum Positiven gewandelt. Das hängt ohne jeden Zweifel auch mit dem großen kreativen wie finanziellen Engagement des Landes zusammen. Ein solches Engagement bliebe allerdings erfolglos, wenn nicht die Bereitschaft der Stadt samt ihrer Bürgerinnen und Bürger gegeben wäre, das kulturelle Erbe als identitätsstiftend anzunehmen und aus diesem Alleinstellungsmerkmal Honig zu saugen.
Genau dies geschieht in Trier seit einiger Zeit und trägt dazu bei, dass die älteste deutsche Stadt bei allen kulturbeflissenen Menschen Deutschlands und des benachbarten Auslands wieder in aller Munde ist. Und das mit Recht. Trier hat alle Voraussetzungen, sich als “die” römisch-antike Stadt Deutschlands, ja Europas außerhalb von Italien zu profilieren. Und bei immer mehr Menschen, die in dieser Stadt Verantwortung tragen, wächst erfreulicherweise das Bewusstsein für diese einmalige Profilierungschance. .
Die Direktion Landesmuseum Trier in der Generaldirektion Kulturelles Erbe mit ihren wertvollen Schätzen vergangener Zeiten, ihrer anerkannten Forschungsqualität und ihren pfiffigen Präsentationen sind dafür nur ein Beispiel, wenn auch ein überragendes.
Von diesem Ansatz aus weiter denkend, ergeben sich für die Antikenfestspiele in Trier einige Fixpunkte, an denen nicht gerüttelt werden darf, sowie einige Konkretisierungen, die in einem weiteren, vor allem künstlerischen Diskussionsprozess ermittelt und immer wieder überprüft werden müssen. Zu den Fixpunkten gehören nach meiner Auffassung:
– Es müssen die antiken Stätten “bespielt” werden, also vorrangig open-air-Veranstaltungen. Das gilt für Amphitheater und Kaiserthermen wie auch Porta Nigra, vielleicht auch Barbarathermen.
– Es geht um antike Themen und Stoffe, durchaus in aktuellen Interpretationen und mit den Mitteln heutiger Theaterkunst. Zentral bleiben dabei Schauspiel und Musiktheater.
– Es müssen Festspiele “der Stadt” werden, gewollt und getragen von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt, die in den Antikenfestspielen “ihre” Festspiele sehen. Um dies zu erreichen und auf Dauer zu sichern, müssen geeignete Formen der Einbeziehung gefunden werden.
Bei realistischer Einschätzung des künstlerisch und finanziell Machbaren wird man nach meiner Überzeugung zu der Einsicht kommen müssen, dass die Antikenfestspiele Trier nicht in der Liga mitspielen, in der die Bregenzer oder Salzburger Festspiele zu Hause sind. Trier sollte sich auf seinen möglichen Einzugsbereich zwischen Trier – Saarburg – Luxemburg; im weiteren Bereich bis Lüttich, Köln, Frankfurt, Saarbrücken und Metz konzentrieren. Für diese Region können die Antikenfestspiele Trier zum kulturellen Anziehungspunkt werden mit der Perspektive, die gemeinsamen Wurzeln aus römischer (und darin eingebettet griechischer) Geschichte im heutigen Kern Europas aufzudecken und sichtbar sowie erfahrbar zu machen.
Das sind hohe Anforderungen an diejenigen, die für die künstlerische Qualität der Antikenfestspiele einstehen. Nach meiner Überzeugungen kann dies nicht einer Eventagentur überlassen werden. Es geht nur mit dem Städtischen Theater. Sie dürfen nicht auf ein Zeitfenster von zwei Monaten begrenzt bleiben. Antikenfestspiele – das ist der Leitgedanke für die Inwertsetzung der antiken Stätten dieser Stadt, die als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt und ausgezeichnet sind. Was Trier braucht ist eine Gesamtkonzeption der kulturellen Bespielung der Welterbestätten. In dieses Gesamtkonzept müssen sich die Antikenspiele als ein Mosaikstein einpassen – freilich als zentraler Mosaikstein.
Dieser Text erschien im Trierischen Volksfreund am 20. Januar 2009
Regierungsbeauftragter der UNESCO-Welterbestätten in Rheinland-Pfalz
Comments are closed